AKB-Chef Rudolf Dellenbach
«Aargauer Hausbesitzer müssen sich im schlimmsten Fall im Konsum einschränken»
AKB-Chef Rudolf Dellenbach
Direktionspräsident Rudolf Dellenbach äussert sich zum Rekordgewinn und zu seiner Pensionierung im August
Roman Seiler
Herr Dellenbach, Sie treten im August als Chef der Aargauischen Kantonalbank (AKB) zurück. Überwiegt die Freude auf die neue Freiheit oder die Wehmut?
Rudolf Dellenbach: Ganz ehrlich, darüber habe ich nicht nachgedacht. Wenn das mein Unternehmen wäre, würde ich nicht aufhören. Ich freue mich, hier arbeiten zu können, insbesondere wenn es bis im August weiter so positiv läuft. Ich hatte eine tolle Karriere. Und ich freue mich auf die Zeit danach.
Das Ergebnis von 2014 liesse sich nicht mehr übertreffen, sagten Sie vor einem Jahr. Nun weisen Sie den höchsten Gewinn der Bankgeschichte aus. Was freut Sie am meisten?
Dass uns das in einem schwierigen Marktumfeld nicht nur dank einmaliger Sondereinnahmen gelungen ist. Obwohl wir ein deutlich tieferes Resultat im Vorjahr budgetiert hatten, verbesserten wir das operative Ergebnis nochmals. Wir nutzten nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses und der Einführung von Negativzinsen alle geschäftlichen Möglichkeiten optimal, die sich uns nach diesen Entscheiden der Nationalbank im Januar 2015 geboten hatten. Dies gilt insbesondere für den Devisenhandel.
Sie erhöhten das Hypothekarvolumen um eine auf 18,5 Milliarden Franken. Riskiert hier Ihr Nachfolger Verluste, falls es zu einer Immobilienkrise kommt?
Diese rekordmässige Volumenausweitung schafften wir mit einer sehr vorsichtigen Vergabepolitik. Wir berechnen die Tragbarkeit für Privatkunden auf der Basis eines Zinssatzes von fünf Prozent. Die Belastung darf in der Regel nicht mehr als ein Drittel des Einkommens ausmachen. Daher haben wir keinerlei Bedenken, dass eine hohe Zahl von Privatkunden ihr Eigenheim verkaufen muss, weil sie die Zinsen nicht mehr bezahlen können.
Sie halten die Furcht vor dem Platzen einer Blase für übertrieben?
Die Preise für Immobilien sind im Kanton Aargau nie so übertrieben stark angeheizt worden wie beispielsweise im Kanton Zürich oder im Gebiet am Genfersee. Dort können Sie heute kein Eigenheim mehr zu einem einigermassen vernünftigen Preis erwerben. Selbst wenn es zu einer Krise käme, werden sich im Aargau die Eigenheimbesitzer im schlimmsten Fall im Konsum einschränken müssen. Ihre Häuser oder Wohnungen werden sie aber halten können. Banken erlitten in der Vergangenheit Kreditverluste meist mit Firmenkunden, Baukrediten oder mit grossen Bauland-Finanzierungen.
Genau das wird befürchtet: Rezessionsängste in den USA und China führen zu Börsenturbulenzen. Wie beurteilen Sie die Weltwirtschaft?
Die gesamte Weltwirtschaft, inklusive China, vielleicht sogar Indien, ist heillos überschuldet. Wir haben derart tiefe Zinsen, weil Staaten oder andere Gläubiger höhere nicht bezahlen könnten. Daher blähen Notenbanken die Geldmenge auf. Geprellte sind Kleinsparer; profitieren können in erster Linie Kredit- oder Hypothekarschuldner. Das ist eine ungesunde Entwicklung.
Im Sommer starten die Nachfolger
Die AKB-Führung steht vor einem Generationenwechsel: Ruedi Dellenbach bezieht ab August seine AHV-Rente. Mitte August verlässt er im Alter von 65 Jahren die Aargauische Kantonalbank, deren Direktion er seit 2006 präsidiert. Er stiess von der Zürcher Kantonalbank zum Geldhaus. Sein designierter Nachfolger, Pascal Koradi (44), wirdab Mai für die AKB tätig sein. Er war Finanzchef der Post. Zuvor arbeitete er für die Neue Aargauer Bank – ebenfalls als Finanzchef.
Dellenbachs Stellvertreter Urs Bosisio tritt Ende Juni ebenfallsin den Ruhestand. Er ist seit 1999 bei der AKB. Seinen Bereich Anlagen und Handel übernimmt Dieter Widmer (49). Er ist seit 2006 Urs Bosisios Stellvertreter und kennt die AKB also bestens. (sei)
Inwieweit ist also mit steigenden Ausfällen oder Rückstellungen auf Krediten von kleinen und mittleren Firmen (KMU) zu rechnen?
Wenn grosse Schweizer Konzerne weiter Arbeitsplätze wegrationalisieren, wird dies Auswirkungen auf Zulieferer haben. Also auf KMUs. Weitere Hiobsbotschaften werden folgen, auch im Kanton Aargau. Aber unsere Bank ist historisch nicht sehr stark im Firmenkundengeschäft, obwohl wir in den letzten 15 Jahren stark zugelegt haben. Aber insgesamt beträgt unser Bestand an Blankokrediten, die ausschliesslich von Firmenkunden benutzt werden, im Vergleich zur gesamten Bilanzsumme von 24 Milliarden Franken nur rund fünf Prozent.
Der Kanton profitiert also auch in Zukunft von seinem Geldhaus?
Wir gehören zu denjenigen Banken, die ihre Hausaufgaben wirklich gemacht haben. Die Problematik der unversteuerten Gelder haben wir bereinigt, und zwar sowohl mit ausländischen wie mit Schweizer Kunden. Zudem waren wir im Kreditgeschäft stets sehr vorsichtig. Beim kleinsten Verdacht, dass Ausleihungen nicht mehr zurückbezahlt werden können, bildeten wir Rückstellungen, soweit dies regulatorisch erlaubt war.
Warum lösten Sie 2015 solche Rückstellungen auf?
Das dafür zuständige Team hat konkursgefährdete Firmen so umsichtig betreut, dass deren Bilanzen wieder ins Lot gebracht werden konnten. Daher konnten wir mehr Kreditrückstellungen auflösen, als wir neu bilden mussten.
Vor zehn Jahren stiessen Sie zur AKB. Rechneten Sie damit, die Bilanzsumme und die Hypothekarkredite um je 50, die Kundengelder um 55 und das Eigenkapital um 67 Prozent erhöhen zu können?
Ich bin schon davon ausgegangen, dass das von meinem Vorgänger Urs Grätzer vorgelegte, rasante Wachstum auch erreichbar ist. Ich bin ja Sportler. Nur hat damals niemand erwartet, dass 2008 eine Finanzkrise ausbrechen wird. Daher sind wir alle von der AKB stolz, dieses gesunde Wachstum unter diesen erschwerten Bedingungen erreicht zu haben.
Mitte August werden Sie pensioniert. Was machen Sie dann?
Nach meinem Rücktritt lerne ich Finnisch, die Sprache meiner Frau. Zudem will ich mein Cello- und mein Golf-Spiel intensivieren, um ein oder zwei Stufen voranzukommen. Was zusätzlich kommt, werden wir sehen. Zeitintensive Engagements in der Wirtschaft werde ich wohl meiner Frau zuliebe eher nicht mehr annehmen.
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